Erst Architektur pur, dann übernimmt Jan Hoet

In Möhringen wird zum Art-Alarm-Wochenende die Galerie ABTart eröffnet. Mit Karin Abt sprach Georg Leisten.

090904_StZ Bild Karin Abt: Der Countdown läuft. Foto: Fabricius

Von Haus aus sind Sie Verlegerin, Frau Abt-Straubinger. Sind Sie über Kunstbücher zum Galeriengeschäft gekommen?

Nein, über Telefonbücher.

 

Das erstaunt mich jetzt.        

Der Verlag hat örtliche Telefonbücher für Baden-Württemberg produziert. Zu Be­ginn der Neunziger hatte ich die Idee, die Einbände mit zeitgenössischen Kunstwer­ken zu schmücken, obwohl das die dama­lige Post nicht gern sah. Für den ersten Versuch wählte ich ein Plakat von Klaus Staeck: ein roter Telefonhörer im Meer. Bei den Kunden kam das überraschend gut an. Später verwertete ich Motive von Ben Willikens, Dieter Krieg oder Erich Hauser. So kam ich beruflich mit bildender Kunst in Kontakt und wurde schließlich Galeristin.

 

Ihre bisherigen Räume sind doch ebenfalls sehr großzügig. Weshalb der Neubau?

Bis 2007 war hier gleichzeitig noch der Verlag untergebracht. Ich wollte aber mit dem neuen Haus eine klare Zäsur markieren.

 

Private Galerien können sich selten ein eige­nes Gebäude leisten. Sind die baulichen An­forderungen anders als bei einem Museum?

Hinsichtlich der Präsentationsräume si­cher nicht. Da Galerien es aber überwie­gend mit Kommissionsware zu tun haben, brauchen sie weniger Lagerkapazität.

 

Wie haben Sie auf den Bau Einfluss genommen?

Ich wollte helle, offene Räume mit viel Hängefläche für Gemälde. Außerdem habe ich mir einen Skulpturengarten ge­wünscht. Die Ausdehnungsmöglichkeiten in Höhe und Breite waren durch das Grund­stück und die Bauauflagen beschränkt. Die Architekten Nixdorf Consult haben aber in dem weitläufigen Untergeschoss sehr viel Fläche geschaffen.

 

Wie ist es Ihnen gelungen, für die Einwei­hungsschau den Kurator und ehemaligen Documenta-Chef Jan Hoet zu gewinnen?

Ich habe ihn immer geschätzt, weil er kom­promisslos und ehrlich ist Bei der Künst­lerauswahl interessiert ihn allein die Quali­tät. Eines Tages fuhr ich mit meinem Mitar­beiter nach Herford – damals leitete Hoet dort noch die Kunsthalle „Marta“ -, und habe ihm das Konzept der Galerie vorge­stellt. Er war sofort begeistert.

 

Haben Sie den Standort vor den Toren Stutt­garts nie als Problem empfunden?

In der Innenstadt gewinnt man sicher leich­ter auswärtige Besucher, aber die dörfliche Lage Möhringens hat auch Vorteile. Nach dem Wegzug der Manus Presse sind wir die einzige Galerie in der Gegend. Deswegen nimmt man uns sehr intensiv wahr, zu vielen Leuten entsteht auch eine enge persön­liche Beziehung.

 

Wird sich das Konzept der Galerie Abt Art mit dem Umzug ändern?

Wir werden uns etwas stärker überregional ausrichten. Beispielsweise mit Künstlern wie Otmar Hörl oder dem Maler Moritz Götze aus Halle. Bereits fest steht, dass wir eine Themenschau zur aktuellen Stahl­plastikmachen.

 

Zum Art Alarm am 19. September zeigen Sie aber überhaupt keine Kunstwerke, sondern die leeren Räume des Neubaus.

Genau. Das Gebäude, das seinen spitzen Bug in die Straßenkreuzung zu rammen scheint, hat viele Leute neugierig gemacht. Ihnen wollen wir Gelegenheit geben, die Architektur kennenzulernen. Die Ausstel­lung von Jan Hoet folgt dann im Oktober.

 

Mitten in die Planungen platzten die Wirt­schaftskrise und die Angst des Kunstmarkts vor Umsatzeinbrüchen. Hat Sie das nicht erschreckt?

Nicht wirklich. Erstens agiere ich nicht im hochpreisigen Segment, wo der Crash sich am stärksten auswirkt. Zweitens hat die Ga­lerie einen sehr konstanten Stamm von Kunden, für die die Kunst kein Spekulati­onsobjekt, sondern Herzenssache ist.